1944 in Bayern als Sohn eines Berliner Filmemachers und Händlers mit orientalischen Antiquitäten geboren, kehrte Stefan Beltzig anfänglich dem künstlerischen Milieu, in dem er aufwuchs, den Rücken. Er verließ die Schule und trat für einige Zeit als Akrobat und Clown in einer Zirkustruppe auf. Nach einer Periode unsteten Vagabundenlebens, das ihn bis nach Indien und in den nahen Osten führte, begann er, Kunst zu studieren. Zwischen 1963 und ’64 arbeitete er in Shiraz und Isfahan (Iran), wo er sich der Keramik und Bildhauerei widmete.

Nachdem er 1973 sein formales Kunststudium an der Münchner Kunstakademie mit dem Akademiepreis für Malerei abgeschlossen hatte, konzentrierte er sich einige Jahre auf Realismus und Trompe-l’Oeil in seinen Werken. Seit 1979 hat er sich ganz der Zeichnung zugewandt.

Stefan Beltzig scheint sich besonders von Umgebungen angezogen zu fühlen, die sich in einem Zustand der Wandlung befinden. Seine Arbeiten stellen häufig Momentaufnahmen stationärer Punkte dar, die jedoch erahnen lassen, dass sie sich im Fluss befinden. Dies ist bei seinen frühen Stillleben der Fall, in denen er die Hinterlassenschaften des modernen Konsums verewigt, gleichzeitig aber deren Unbeständigkeit aufzeigt.

Extremere Ansichten von Vergänglichkeit und Wandlung kommen in Beltzigs Ruanda-Zyklus von 1994 zum Ausdruck: Das chaotische Behelfslager für vertriebene Flüchtlinge ist durch seine bloße Existenz schon ein Ort der Unsicherheit – eine Zwischenstation, die alle Aspekte menschlicher Lebensverläufe beinhaltet, die aus den Fugen geraten sind. In einem anderen Zyklus vermitteln Beltzigs Observationen von alten Männern in einem spanischen Café dem Betrachter ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer kleinen, geschlossenen Gemeinschaft und lassen gleichzeitig erahnen, dass diese Art der Lebensführung nicht nur mit dem Tod der Männer in den Bildern enden wird, sondern bereits durch die unvermeidliche Vereinnahmung des Dorflebens durch die hektische, schnelllebige Außenwelt bald der Vergangenheit angehören wird.

In einem anderen Zyklus konzentriert sich der Künstler auf einen städtischen Raum im Umbruch – den New Yorker Schlachthof. Im Verlauf der letzten Jahre ist nahezu die gesamte Fleischverpackungsindustrie von diesem Standort abgewandert. Eisenkonstruktionen, die sich über ganze Häuserblöcke erstrecken und an denen einst Tausende Schlachttiere an Haken aufgehängt und mit Förderbändern transportiert wurden, verlaufen noch immer neben den Bürgersteigen; Verladerampen und ein paar vergessene Hinweisschilder oder verblasste Werbetafeln erinnern an die blutige Vergangenheit des Areals. Abbröckelnde Gehsteige und verlassene Gebäude kennzeichnen den Niedergang eines einst prosperierenden Viertels. Beltzigs Zeichnungen spiegeln diese Stimmung subtil und gleichzeitig eindringlich wieder: ein heruntergekommenes Viertel in New York und ein Teil des urbanen Raums, der an der Schwelle zu einer glamourösen Transformation steht.

In seinem aktuellsten Zyklus „Palma“ widmet sich Beltzig dem Endergebnis eines Transformationsprozesses, den eine alte Mittelmeerstadt über Jahrhunderte erfahren hat. Durch unkontrolliertes Wachstum ohne ein ästhetisches Gesamtkonzept hat die Ausbreitung kastenförmiger Gebäudekomplexe, deren Uniformität sie austauschbar macht, den einzigartigen Charakter der Stadt usurpiert und stattdessen eine Umwelt ohne Geschichte und visuelle Fokuspunkte geschaffen. Die Skyline der Stadt – verschieden hohe quadratische Formen – scheinen ein visuelles Symbol für den Deindividualisierungsprozess zu sein, der stattgefunden hat: das architektonische Streben nach Homogenisierung und Gesichtslosigkeit.

Vita:

  • Zwischen 1944 und 1964: Geburt, Schule, Gymnasium
  • Entwicklung zum „68er“ an der Akademie der Bildenden Künste München
  • 1970: Diplom
  • Fortsetzung der Ausstellungstätigkeit
  • 1974: Kurzfilm „Trompe-l’oeil – der Maler S.B. und sein Werk“
  • 1974: Silbermedaille „Certamen International de Pintura“ Spanien
  • 1978: Wechsel von der Malerei zur Zeichnung und von München nach New York. Zeichnungen und Illustrationen für deutsch eund amerikanische Publikationen.
  • Seit 1980: Vertreten durch Ok. Harris Galery, New York
  • 1985: Fellow of Mc Dowell Colony, USA
  • Seit 1987 wieder etwas mehr in Europa.
  • 1992: Artista en Residencia und Lehrauftrag in der Dominikanischen Republik.
  • 1994: Artista en Residencia, Malaga, Spanien.

Seine Arbeiten finden sich in öffentlichen Sammlungen in Übersee und Europa.

Eine Auswahl an Kunstwerken von Stefan Beltzig finden Sie hier >>

Seine neusten Arbeiten mit dem Titel „Gowanus Kanal“ werden in unserem Blog vorgestellt >>

Kontakt:

[:en]Born in Bavaria in 1944, the son of a Berlin film maker and dealer in Oriental Antiquities, Stefan Beltzig attempted at first to turn his back on the artistic milieu in which he was raised, dropped out of school and joined a circus troop as an acrobat. After leading the life of a vagabond, which enabled him to travel in India and the Near East, he began to study art. From 1963 to 1964 he worked at Shiraz and Isfahan in Iran where he took up ceramics and sculpture.

After a formal study of art and graduation from the Academy of Art in Munich with First Prize in painting in 1973, he began to emphasize realism and trompe l’oeil- effects in his works. From1979 on, his attention turned solely to drawing.

Stefan Beltzig seems to be drawn to environments in transition. His work often depicts surroundings which are poised momentarily, yet hint of their transience. Such is the case with his earlier still lifes in which the memorialized detritus of daily consumption also speaks of its impermanence.

A more extreme view of transience and flux is rendered in Beltzig’s Rwanda cycle of 1994 in which the chaotic, makeshift camp for displaced refugees is by its very nature a doomed environment – a way station containing within the full spectacle of life processes in extremis. In another cycle, Beltzig’s observations of old men in a Spanish cafe give the viewer a feeling of camaraderie within a small, closed society and at the same time allude to a pace of life that will end not only with the passing-on of the men he depicts, but by the inevitable encroachment into village life of a faster-paced, frenetic world.

In an other cycle the artist focuses on an urban environment in transition: New York’s meat-market. Nearly all the meatpacking industry has left that site over the last few years. Block-long iron constructions where once thousands of animal carcasses were hooked up onto slowly moving chains still over span the sidewalks; truck ramps and a few forgotten signs or faded advertisements still bear witness to the area’s bloody, fetid past. Sidewalks in disrepair and darkened buildings mark the twilight of a gritty neighborhood. Beltzig’s drawings delicately and hauntingly capture this locale: a gritty slice of New York and an urban environment poised before its present near-glittering transformation.

In his latest cycle, „Palma,“ Beltzig depicts the end result of a transition, over centuries, of an old Mediterranean city. Through unplanned growth lacking any overarching aesthetic, the rise of these interchangeable, box-like building complexes have subsumed the unique character of the city, leaving in its wake an environment devoid of history and visual distinction. The urban skyline itself-squared-off forms of differing heights-seems to represent a visual shorthand for the eviscerating process that has taken place: the architectural drive toward homogenization and facelessness.

Vita:

  • 1944 to 1964: birth, primary and secondary education
  • Member of the “68” generation at the Academy of Fine Arts in Munich
  • 1970: degree
  • Continuation of exhibition activities
  • 1974: short film “Trompe l’oeil – the artist S.B. and his work”
  • 1974: silver medal “Certamen International de Pintura”, Spain
  • 1978: switches from painting to drawing and from Munich to New York. Drawings and illustrations for German and American publications.
  • Since 1980, represented by O.K. Harris Gallery, New York
  • 1985: fellow of Mc Dowell Colony, USA
  • Has spent more time in Europe again since 1987
  • 1992: artista en residencia and teaching position in the Dominican Republic.
  • 1994: artista en residencia, Malaga, Spain.

His work can be seen in public collections both overseas and in Europe.

A selection of artworks by Stefan Beltzig can be found here >>

His new works of the „Gowanus Canal“ in Brooklyn can be found on our blog >>

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